Der ökologische Fußabdruck des Internets

Das Internet verbraucht extrem viel Strom. So sollten 2012 bereits 4,6 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs durch das Internet verursacht worden sein. [1] Eine andere Studie erwähnt 3,7 Prozent aller Treibhausemissionen, die durch die Internetnutzung erzeugt würden. [2] Und diese Zahlen werden mit fortschreitender Digitalisierung weiter ansteigen. Es muss uns also klar sein, dass wir den Ressourcenverbrauch des Internets ernst nehmen müssen.

Umgekehrt gibt es aber auch Einspareffekte durchs Netz. Online-Meetings helfen etwa enorm, CO2 einzusparen. Eine Berechnung mit typischen Parametern [3] ergibt eine Erzeugung von etwa 10g CO2 pro Stunde Online-Meeting und setzt sich etwa zur Hälfte zusammen aus dem Stromverbrauch von Rechenzentren und Übertragungsweg einerseits sowie dem Verbrauch des Endgeräts andererseits. Laptops schneiden hier beispielsweise besser ab Desktop-Rechner. Der Vergleich mit der Offline-Alternative ist allerdings dramatisch: Ein PKW mit Verbrennungsmotor erreicht den Ausstoß von 10g CO2 bereits nach nach 50 Metern. [4] Alleine das Einparken beim Kunden verursacht also mehr Treibhausemissionen als eine Stunde Videokonferenz.

Pauschale Ansätze

In die Überschlagsrechnung für die Emissionen von Videokonferenzen gehen aber viele Annahmen ein. So variiert etwa der Internet-Anteil des Streamings zwischen 2 und 13 Gramm CO2 pro Stunde und hängt vor allem vom Übertragungsmedium ab. Mobilfunk ist hier ein Vielfaches ressourcenhungriger als kabelgebundene Übertragungen. Ebenfalls großen Einfluss auf die Emissionen hat der Strommix, also der Anteil der verschiedenen Stromerzeugungsarten in einem Land. Hier schneidet Deutschland mit seinem hohen Kohleanteil nicht besonders gut ab.

Wird eigens fürs Konferenz-Streaming neue Hardware angeschafft (oder alte ersetzt, die ansonsten noch funktionieren würde), muss deren gesamter ökologischer Fußabdruck mit in die Rechnung einfließen. Ein Apple MacBook Air von 2020 etwa verursacht in der Produktion (einschließlich Transport) 135kg CO2. Das ist in etwa die Menge, die ein herkömmlicher PKW auf 600 Kilometer Fahrt verursacht. Je nach Distanz zum Kunden ist die CO2-Bilanz des Notebooks schon nach wenigen eingesparten Vor-Ort-Terminen positiv.

Die Herstellung ist übrigens der mit Abstand wichtigste CO2-Treiber für die meisten Internet-Endgeräte. Apple geht in seiner Lifecycle-Betrachtung fürs MacBook Air von dieser Verteilung aus:

76%Herstellung
8%Transport
15%Nutzung
<1%„End-of-life processing“
Verteilung der Emissionen MacBook Air M1 256MB (2020) [5]

Ganz andere Zahlen ermittelt Apple allerdings für den Mac Pro. Hier liegt der Herstellungsanteil lediglich bei 26 Prozent, während die Benutzung in etwa zwei Drittel des CO2-Ausstoßes ausmacht. [6] Apple geht hier wohl davon aus, dass der Mac Pro häufig kontinuierlich durchläuft. Zudem ist er als Desktoprechner nicht so sehr aufs Stromsparen ausgelegt wie ein Notebook, dessen geringer Strombedarf (in Form langer Laufzeit) ja ein Verkaufsargument ist.

Jedenfalls sollte uns der große Anteil der Produktion am Ressourcenverbrauch klar machen, dass ein wesentlicher Ansatz zur Verringerung der Emissionen darin besteht, Geräte länger zu nutzen. Das aber setzt eine entsprechend langfristige Unterstützung der Hardware durch die Hersteller voraus.

Doch nicht nur auf Client-Seite wird Energie benötigt, auch die Web-und Datenbankserver konsumieren Strom und erzeugen darüber hinaus Abwärme, die wieder aufwändig durch Kühlsystem abgeleitet werden müssen. Und diese Kühlsysteme benötigen Kühlmittel, die ihrerseits wieder zur Klimakatastrophe beitragen. Chlorhaltige Kühlmittel zerstören die Ozonschicht und sind deshalb seit 2015 in der EU verboten, chlorfreie Alternativen wie R134a haben einen mehr als 1000fach größeren Einfluss auf den Treibhauseffekt als die gleiche Menge an CO2. [7] Das zeigt, dass nicht nur der Stromverbrauch und die Art der Stromerzeugung für ein „grünes“ Rechenzentrum wichtig ist, sondern auch die Art der Kühlung und der professionelle Umgang mit dem Gesamtsystem.

Nutzungsverhalten

Die Ökobilanz des Internets hängt aber auch vom persönlichen Nutzungsverhalten ab. Arbeite ich nur am Laptop oder habe ich an meinem Desktoprechner fünf Displays angeschlossen? Schalte ich meinen Computer über Nacht aus oder lass ich ihn durchlaufen, damit ich am nächsten Tag mit der absolut identischen Fensterkonfiguration weitermachen kann? Benötige ich wirklich ein NAS, das 24/7 läuft oder tut es nicht auch eine externe USB-SSD, auf die ich meine Backups mache?

Aber auch hier zeigen sich wieder die Probleme der pauschalen Ansätze: Arbeite ich mit mehreren großen Displays deutlich entspannter als am kleinen Notebook-Bildschirm, spare ich mir womöglich die regelmäßige Fahrt zum Physiotherapeuten.

Nicht nur CO2 betrachten

Wir haben uns bislang im Wesentlichen die CO2-Bilanzen angesehen. Doch die alleine sind nicht alles, was Einfluss auf den ökologischen Fußabdruck hat. Der Einsatz problematischer Stoffe bei der Herstellung von Internet-Hardware etwa fließt nicht immer in die CO2-Bilanz ein. Manchmal arbeiten Studien dann mit CO2-Äquivalenten und versuchen so alles in den Key Performance Faktor „CO2-Ausstoß“ umzurechnen. Spätestens aber wenn’s um Menschenrechtsfragen beim Abbau wichtiger Rohstoffe geht, ist diese Äquivalenzberechnung aber zum Scheitern verurteilt.

Den ökologischen Fußabdruck der Internetnutzung und damit der Digitalisierung zu berechnen, stellt sich somit als extrem schwierig heraus und ist für einen einzelnen Blogbeitrag ein viel zu komplexes Thema. Aber dafür gibt’s ja jetzt mit dem Planetenretter ein ganzes Blog.


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